Von den aktuellen Tagesereignissen überlagert - Trump-Wiederwahl und 'Ampel-Knall' - fand am 6. November der BEH-Vortrag in der Kniestedter Kirche in Salzgitter-Bad statt. Themen waren der weltweite Solar-Boom und die Chancen, die sich in verschiedenen Regionen durch Nutzung der Solarenergie ergeben für Klimaschutz, Entwicklung und Wohlstand.
Prof. Dr. Wolfgang Schade war eingeladen, über seine beeindruckenden Projekte im ländlichen Subsahara-Afrika zu berichten, die er zusammen mit seiner Frau, seinem Sohn und dem Team von VoltaviewAfrica mit viel Herzblut vorantreibt. Er nahm uns mit auf eine spannende Reise nach Gambia, Senegal, Tansania und Kenia.
Begonnen hat alles mit bereits vorhandenen PV-Modulen, die einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden sollten, und einer Zusammenarbeit mit der Firma Inensus aus Goslar, die schon seit vielen Jahren Projekte in Afrika entwickelt. Die erste Verschiffung fand noch im Großcontainer statt. Der Transport über Land erwies sich als schwierig. Vor Ort wurden die PV-Module auf den Container montiert zu einem 'Powerhouse', in dem eine Trinkwasseraufbereitungsanlage mit 5000 l Tagesproduktion betrieben und mobile tragbare Batterie-Packs (VoltaView2Go) geladen werden. Diese können von den Anwohnern mit nach Hause genommen werden und dort für Handy, TV und Kühlschrank genutzt werden. Der Großcontainer wurde mittlerweile durch zwei kleinere Mini-Container-Module ersetzt, die vor Ort zusammengebaut werden.
Die Verfügbarkeit von Elektrizität und Trinkwasser ist eine wesentliche Verbesserung der Lebensbedingungen für die Menschen im ländlichen Subsahara-Afrika. Ungefähr 86 % haben bisher keinen Zugang zu sauberem Wasser und Elektrizität. Elektrischer Strom bietet neue Möglichkeiten für weitere wirtschaftliche Entwicklung und mehr Wohlstand.
Da in den Powerhouse-Anlagen mehr Solarstrom erzeugt wurde als zuhause benötigt, entstand die Idee, ihn für einen Waschsalon zu nutzen. Bisher wurde die Wäsche von den Frauen in Handarbeit erledigt, ihre Hände waren entsprechend zerschunden. Auch elektrische Nähmaschinen für eine Nähstube konnten organisiert werden. Es entstanden Microbusinesses, die sich wirtschaftlich tragen und für Arbeitsplätze und Einkommen sorgen.
Ein großer Sprung gelang mit der Entwicklung von pv-gespeisten elektrischen Außenbordmotoren für Fischerboote. Auf dem Viktoriasee sind ca 100000 dieselbetriebene Fischerboote unterwegs, die zusammen jährlich 1 Mio. t CO2 erzeugen. Durch die Umstellung auf leise und emissionsfreie E-Motoren spart jeder Fischer monatlich bis zu 60% der Kosten, die er bisher für Diesel aufwenden musste. Ein enormer Gewinn - finanziell und für Klimaschutz und Umwelt. Entsprechend groß ist die Nachfrage. Prof. Schade arbeitet nun mit seinem Team an der Skalierung, um der Nachfrage gerecht zu werden. Dazu wurde in Afrika eine Firma gegründet, die die benötigten Batteriezellen direkt aus China importiert und zusammenbaut. Auch Ausbildung und Schulung finden vor Ort statt.
Ein weiterer Fortschritt für die Fischer und Händler sind batteriegetriebene Tuktuks als Lieferfahrzeuge. Mit Dämmung versehen können sie als Kühlfahrzeuge genutzt werden. Bisher verdarb bis zu 50% des gefangenen Fischs, bevor er auf dem Markt verkauft werden konnte. Nun kann der Fang gekühlt bis zum Kunden transportiert werden.
Prof. Schade, der an der TU Clausthal lehrt und Abteilungsleiter für faseroptische Sensorsysteme am Fraunhofer HHI Goslar ist, kann durch seine Lehrtätigkeit und Forschung auf ein Netzwerk zurückgreifen, das bei der Weiterentwicklung der Projekte hilfreich ist. Durch zwei seiner ehemaligen Studenten, die ein Startup in China gegründet haben, konnten z.B. Tuktuks für Afrika günstig erworben werden.
VoltaViewAfrica setzt auf neue Natrium-Ionen-Batterietechnologie (engl. Sodium-Ion-Batteries (SIB)), sowohl für stationäre PV-Batteriespeicher als auch für mobile Batterielösungen. Sie haben vielerlei Vorteile:
- keine umweltkritischen Rohstoffe (Cobalt, Nickel, Mangan, Lithium)
- sehr gut recyclebar
- keine Brand- oder Explosionsgefahr bei Tiefen- oder Überladung
- hohe Zyklenfestigkeit (> 4.000 Zyklen ohne Kapazitätsverlust)
Die Projekte in Afrika sind für Prof. Schade und sein Team eine Herzensangelegenheit, um den Menschen im ländlichen Subsahara-Afrika bessere Lebensbedingungen und die Aussicht auf wirtschaftliche Entwicklung zu verschaffen. Dem weltweiten Klimaschutz kommt zugute, dass diese Entwicklung des in naher Zukunft bevölkerungsreichsten Teils der Erde nicht unter Einsatz fossiler Energieträger erfolgt, sondern durch die (fast) emissionsfreie Nutzung von Solarenergie.
Weltweit installierte Photovoltaikleistung in Gigawatt (GW).Derzeit weltgrößter Solarpark (5 GW), Gansu, China
Quellen: IEA PVPS und Solar Power Europe, Volker Quaschning
Fotos der derzeit größten Solarparks in China ( 5 GWp) und Indien zeigten die gigantischen Ausmaße der Anlagen in Wüstengebieten. Auch in der dezentralen Nutzung der Solarenergie mit Verbrauch direkt vor Ort liegt großes Potential.
Klaus-Dieter Voß stellte den regionalen Bezug her zur BürgerEnergie Harz eG. Mehr als 540 Bürgern haben sich inzwischen zu unserer Genossenschaft zusammengeschlossen und betreiben gemeinsam 5 Dach-PV-Anlagen und den Solarpark Dörnten Ost. Er kann mehr als 3000 Haushalte mit Solarstrom versorgen und hat in diesem Jahr seit Februar bereits mehr als 4000 t CO2 eingespart. Der Solarpark, der seit 2019 geplant wurde, erfüllt bereits fast in allen Punkten die Anforderungen, die nach den neuesten gesetzlichen Vorgaben für Biodiversitäts-PV-Anlagen gelten. Nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch für die Artenvielfalt.
Für zukünftige Energiewende-Projekte sucht die BEH weitere Mitglieder, die in die zukünftige Energieversorgung unserer Region investieren.